Familie Pese

Die Witwe Margarete Pese hatte bis zum 01.11.1935 ein Textilgeschäft in der Muskauer Straße 75. Zu diesem Zeitpunkt erfolgte die von den Nazis gewaltsam durchgeführte Verdrängung von Juden und Jüdinnen aus Handel und Gewerbe, Wohnungen und Häusern. Das Geschäft Peses ging in den Besitz von Willy Knappe über. Bereits davor litt Margarete Pese unter der Drangsalierung der SA, die unter anderem zwei Posten vor dem Geschäft stationiert hatte, um Kunden davon abzuhalten es zu betreten.

Peses Textilgeschäft in der Muskauer Str. 76 in Weißwasser

1936 wurden Margarete Pese und ihre leicht behinderte Tochter Gerda aus ihrer Wohnung vertrieben. Die Suche nach einer neuen Wohnung gestaltete sich äußerst schwierige. Familie Pese kam schließlich im Knappenweg 11 bei dem Heizer August Scheffler unter, der dort ein Einfamilienhaus besaß. Scheffler, der selbst nur in einer unteren Gruppe entlohnt wurde, half wo er konnte und überließ seinen neuen Mietern immer wieder Heizmaterial und Lebensmittel. Auch andere Nachbarn unterstützten.

Eine außerordentlich große Demütigung erfuhren Peses am Reichsprogromtag bei dem Überfall gegen Mittag des 10. Novembers 1938. An diesem Donnerstag erschienen 5 SA-Männer vor dem Haus im Knappenweg 11. Sie wollten zunächst die Peses vertreiben und demolierten schließlich die Wohnung. Scheffler, der sich ihnen versuchte entgegenzustellen, wurde verhaftet. Auch nach den schlimmen Ereignissen fanden sich Menschen, die solidarisch Hilfe leisteten. Unter diesen Umständen konnten die beiden Frauen bis zu ihrer Deportation 1942 trotz der vielen diskriminierenden Einschränkungen ein Leben unter ihnen freundlich gesinnten Menschen führen.

Im April 1942 kam dann die Anweisung sich in Breslau an einer Sammelstelle zwecks Umsiedlung zu melden. Das letzte Lebenszeichen der beiden Peses traf in Gestalt einer Postkarte ein, auf der Frau Pese an die Familie Scheffler geschrieben hatte: „Sie wollen mir meine Tochter nehmen. Das überlebe ich nicht.“ Verschiedene Anhaltspunkte legen nahe, dass Margarete und Gerda Pese im Vernichtungslager Belzec ermordet wurden. Eine genaue Bestimmung von Todesort und –zeit ist leider nicht möglich.

 

Im November 2021 hat die IG Stolpersteine mit Hilfe der Medienstube WSW ein Video zur Biografie der Familie Pese erstellt.